Heute wollen wir uns wieder mal einen Zeitungsartikel zu Gemüte führen und anschließend analysieren.
Zunächst der eigentliche Artikel:
Soweit der Artikel aus dem General-Anzeiger Bonn vom 10. Januar 2007, S. 18.Wenn Molche und Hasen Bagger stoppen
Europa Auf Drängen der Bundesregierung will Brüssel die umstrittene Naturschutz-Richtlinie Fauna-Flora-Habitat lockern. Unterstützung kommt aus Frankreich und Österreich, wo große Bauprojekte auf Eis liegen
Von unserem Korrespondenten
Detlef DrewesBrüssel. Die strikten europäischen Regelungen zum Naturschutz kommen erneut auf den Prüfstand und sollen gelockert werden. Nur ein gutes Jahr nach Inkrafttreten der Fauna-Flora-Habitat- (FFH) und der Vogelschutzrichtlinie Anfang 2006 hat Brüssel dem Drängen der Bundesregierung nachgegeben und zugesagt, die von vielen als zu starr und zu unbürokratisch empfundenen Regelwerke zu überarbeiten.
Das Ziel: Der Naturschutz soll nicht länger wichtige Bauvorhaben blockieren.
Einige Beispiele: In Nordrhein-Westfalen blockierte der Große Moorbläuling (eine Schmetterlingsart) jahrelang den Ausbau
Schon seit Mitte letzten Jahres laufen die deutschen Ministerpräsidenten Sturm gegen die europäische Richtlinie, die zur Ausweisung von unberührbaren Naturschutzgebieten zwingt.
des Hafens, in Bayern wurde ein Autobahnbau durch ein Schutzgebiet gestoppt, in Brandenburg liegt ein Braunkohlevorkommen brach, in Hessen mussten die Bagger vor Molchen, Hamstern und Käfern kapitulieren.
Hessens Regierungschef Roland Koch: "Die rigiden Vorschriften kann kein Industrieland der Welt durchhalten." Sein Europaminister Volker Hoff (CDU) legt noch nach: "Es darf nicht sein, dass Molch, Hamster, Käfer & Co. von Umweltschützern instrumentalisiert werden, um wichtige Bauvorhaben zu verzögern."
In den Briefen an Bundeskanzlerin Merkel drängten alle Länderchefs einstimmig darauf, die Reform in den ersten sechs Monaten des Jahres 2007 anzugehen, da Deutschland dann als EU-Vorsitzender dazu alle Möglichkeiten habe. Doch die Regierungschefin lehnte erst ab, schrieb dann aber doch an EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, der zusicherte, man werde im Rahmen einer ohnehin geplanten ersten Bestandsaufnahme Ende diesen Jahres prüfen, wie sich die FFH-Richtlinie in der Praxis bewährt habe. Wenn alle Probleme aufgelistet würden, sei es leichter, den Naturschutz gleich mit zurückzufahren.
Merkel selbst ist über diese Wartezeit gar nicht unglücklich, fürchtet die Kanzlerin doch, in eine Zwickmühle zu geraten. Schließlich hatte sie selbst die Vorarbeiten für die umstrittene Richtlinie zwischen 1994 und 1998 mitgetragen - als damalige Bundesumweltministerin.
Mit dem Umbau der Richtlinie soll, so der CDU-Europa-Politiker Karlheinz Florenz, "der Naturschutz keineswegs ausgehöhlt oder abgeschafft werden", man wolle lediglich erreichen, dass die Umsetzung für Kommunen und Unternehmen leichter werde.
"Warum soll es nicht möglich sein, anstelle eines geschützten Gebietes, durch das eine Straße geführt werden muss, an andere Stelle die entsprechende Flora wieder anzusiedeln?"Doch darüber lässt Bundesminister Sigmar Gabriel (SPD) nicht mit sich reden. Unterstützung gibt es dennoch. Neben den Deutschen drängen auch die Österrreicher und Franzosen darauf, zu einem "europäischen Naturschutzrecht mit Augenmaß" (Merkel) zurückzukehren. Dort liegen ebenfalls Bauvorhaben in Milliardenhöhe zum Teil seit Jahren brach, weil Fuchs und Has' sich ausgerechnet dort "Gute Nacht" sagen, wo zum Beispiel eine dringend benötigte Entlastungsstraße möglich wäre.
Inzwischen sind auch die Rechtsmittel ausgeschöpft: Nicht nur Berlin, sondern auch Paris und Wien wurden mit Klagen gegen die FFH- und Vogelschutz-Richtlinie von den europäischen Richtern auf höchster Instanz in Luxemburg abgewiesen.
Mit der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (92/43/EWG), auch kurz FFH genannt, hat die EU einen Meilenstein in der Entwicklung des Naturschutzrechtes gesetzt. Die Richtlinie hat die Verbindlichkeit eines Gesetzes.Quelle: http://www.ig-dreisam.de/sonstiges/ffh-richtlinie.html
Sie schreibt den Aufbau eines europaweiten ökologischen Verbundnetzes "Natura 2000" fest. Sie geht damit deutlich über die bisherigen bundes- und landesrechtlichen Vorschriften hinaus, was die Sicherung der Lebensgrundlagen der Natur und Landschaft anbelangt.
Der Erhalt vieler Arten ist nicht nur vom Zustand einzelner Lebensräume, sondern auch von deren Dichte in einer Landschaft und der geographischen Lage der Gebiete zueinander abhängig. Um beispielsweise den Austausch von Einzelindividuen und damit den Genaustausch innerhalb der Arten zu gewährleisten und um den Lebensraumbedürfnissen wandernder Tierarten gerecht zu werden (hierzu zählen auch sehr viele unsere heimischen Fließgewässer-Fischarten!!), soll eine Verinselung von Schutzgebieten überwunden werden. Die FFH-Richtlinie zielt daher auf ein Systemvon Schutzgebieten ab, das in seiner Gesamtheit den Fortbestand bzw. die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der bedrohten Arten und Lebensräume gewährleistet.
Quelle: http://www.umweltbundesamt.at/umwelt/naturschutz/naturrecht/Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie
Pannonische SalzsteppeRichtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen
Wesentliches Ziel der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) ist die Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt. Dieses Ziel soll mit dem Aufbau des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000 erreicht werden. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Gebiete zu nennen, zu erhalten und zu entwickeln, in denen Arten und Lebensräume von europaweiter Bedeutung vorkommen.
Die Anhänge der FFH-Richtlinie beinhalten:
- natürliche Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen - Anhang I
- Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen - Anhang II
- Kriterien zur Auswahl der Gebiete, die als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung bestimmt und als besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden könnten - Anhang III
- streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse - Anhang IV
- Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, deren Entnahme aus der Natur und deren Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen sein können - Anhang V
- verbotene Methoden und Mittel des Fangs, der Tötung und Beförderung - Anhang VI
Anhang I der FFH-Richtlinie listet 209 natürliche Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesse auf. Für die Erhaltung dieser Lebensraumtypen müssen Schutzgebiete ausgewiesen werden.
In Österreich sind 65 Lebensraumtypen des Anhang I der FFH-Richtlinie vertreten.
Übersicht über die Lebensraumgruppen und -typen
Lebensraumgruppe Lebensraumtypen (Anzahl) Wälder 17 Natürliches und naturnahes Grasland 14 Felsige Lebensräume und Höhlen 11 Süßwasserlebensräume 9 Hoch und Niedermoore 8 Heide- und Buschvegetation 3 Küstenbereich und halophytische Vegetation 1 Dünen im Binnenland 1 Hartlaubgebüsche 1 Gesamt 65
Prioritär in der EU zu schützende Lebensraumtypen, die in Österreich vorkommen, sind beispielsweise:
- Pannonische Steppen-Trockenrasen auf Löss
- Lebende Hochmoore
- Pannonische Binnendünen
- Pannonische Salzsteppen und Salzwiesen
Anhang II der FFH-Richtlinie listet Tier- und Pflanzenarten auf, für die Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen. Die prioritären Tierarten in Österreich sind Braunbär, Sumpfwühlmaus, Moorlaufkäfer, Spanische Flagge, Juchtenkäfer, Alpenbock und Gestreifte Heideschnecke. Die prioritären Pflanzenarten in Österreich sind Steirisches Federgras, Schlitzblättriger Beifuß und Waldsteppen-Beifuß.
Die Arten des Anhang IV sind von gemeinschaftlichem Interesse und streng zu schützen. Diese weitgehend aus der Berner Konvention übernommenen Arten müssen in ein strenges Schutzsystem integriert werden. Im Wesentlichen gelten für diese Arten das Tötungs-, Fang- und Störungsverbot der Berner Konvention.
Die Arten des Anhang V sind von gemeinschaftlichem Interesse. Es sind jene Tier- und Pflanzenarten, welche nur im Rahmen von Managementmaßnahmen genutzt werden dürfen, sofern es die einzelnen Mitgliedstaaten für erforderlich halten.
Europäisches Schutzgebietsnetz "Natura 2000"
Hauptziel der FFH-Richtlinie ist der Aufbau des europaweiten Schutzgebietsnetzes "Natura 2000". Mit dem Schutzgebietsnetz sollen die natürlichen Lebensräume des Anhangs I und die Arten des Anhangs II erhalten werden. Die im Rahmen der Vogelschutzrichtlinie ausgewiesenen Schutzgebiete werden ebenfalls in das Schutzgebietsnetz "Natura 2000" integriert.In Österreich wurden bisher insgesamt 212 Natura 2000-Gebiete vorgeschlagen (161 Gebiete nach der FFH-Richtlinie ausgewiesen, 99 Gebiete nach der Vogelschutzrichtlinie, Doppelnennungen sind möglich!). Die Gebiete umfassen 16,6% der Bundesfläche. Der Prozess der Gebietsauswahl ist noch nicht abgeschlossen.