Alte Dransdorfer Kiesgrube - Ein Refugium für Pflanzen und Tiere

verfasst am 08.06.2014 von Diethelm Schneider

DRANSDORF. Dichtes Gebüsch, hüfthohe Brennnesseln - wäre da nicht das alte Törchen, gäbe es keine Hinweise darauf, dass dort im westlichsten Winkel von Dransdorf ein wichtiger Ort der Artenvielfalt liegt.

Diethelm  Schneider von der Biologischen Station zeigt auf die Stelle in der  Steilwand, in der die Wildbienen brüten. Foto: Stefan Knopp

Friedlich ist  es dort, die Straße scheint weit weg zu sein. Ein idealer Ort für viele  Tier- und Pflanzenarten, und vor allem für die Wildbienen, mit denen  sich Diethelm Schneider von der Biologischen Station bestens auskennt.  Es sei ein gutes Beispiel für ein Biotop von Menschenhand, sagt er. "Was  wir hier finden, finden wir sonst nirgendwo."

Er gehört zu den  wenigen Menschen, die diesen Ort betreten dürfen, und kennt sich sehr  gut aus. Vorsicht, wo man hintritt: In der ehemaligen Dransdorfer  Kiesgrube wächst die Breitblättrige Stendelwurz, eine Orchidee, die  nicht überall zu finden ist, ebenso wie die Ragwurz. Solange sie nicht  blühen, sind sie schwer zu erkennen. Die Zypressenwolfsmilch, die gelb  blüht, lockt mit ihrem honigsüßen Duft Bestäuber an. Die ersten sind die  Hummeln, die Bienen trauen sich erst bei einem bestimmten Wärmegrad aus  ihren Löchern. Sie interessieren sich auch sehr für die Zaunwicke. "Die  Sandbiene ist spezialisiert auf Schmetterlingsblütler", so Schneider.  Vorbei an Vergissmeinnicht, der Pfirsichblättrigen Glockenblume und  wildem Majoran. Man passiert eine Kirschpflaume. Es heißt, aus der  Kreuzung dieses Baumes mit der Pflaume sei die Mirabelle hervorgegangen,  so der Fachmann. Von der Schlehe über die Rose bis zum Apfelbaum wächst  hier alles, ein Paradies für Insekten: "Man hat das ganze Jahr über ein  Blütenangebot."

Vögel, Kaninchen und Füchse gibt es hier auch,  das Herzstück für Schneider ist aber der Bruch an der Steilwand. In den  kiesdurchsetzten Lehmboden haben mehrere Bienenarten ihre Brutlöcher  gegraben. Der Biologe kann sie alle unterscheiden: Die Männchen der  Langhornbienen haben besonders lange Antennen, die Seidenbiene ist in  der Lage, sogar in harte Erde Löcher zu graben, und die Maskenbiene ist  am weißen Gesicht zu erkennen und außerdem daran, dass sie unbehaart  ist. "Sie transportiert Nektar und Pollen im Magen." Die Sandbienen sind  schmaler als die meisten anderen und haben einen rötlichen Haarstreifen  am Hinterleib. Eine besondere Sorte ist die "Andrena agilissima", die  Blauschillernde Sandbiene, die Schneider 2007 erstmals für NRW  nachgewiesen hat - eben in dieser Grube. "Sie brütet nur in steilen  Wänden, fliegt nur Kreuzblütler an und mehrere Weibchen nutzen einen  Nesteingang."

Alle paar Jahre bricht ein Teil der Steilwand ab,  weil die Insekten sie zu stark aushöhlen. Das zerstöre zwar Teile von  Bienenvölkern, sagt Schneider, "aber nie die ganze Populationen". Auch  Wespen und andere Insekten nisten an dieser Stelle. Sie ist einer der  wenigen Rückzugsgebiete für solche Arten. "Bevor die Flüsse reguliert  wurden, wurde das Flussufer immer wieder ausgeschwemmt und abgebrochen",  so Schneider.Heute gebe es das nicht mehr, weshalb besonders Wildbienen  auf künstliche Lebensräume wie die alte Kiesgrube zurückgreifen. So hat  der Mensch hier wenigstens etwas Gutes geschaffen.

kpo

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Quelle: Generalsnazeiger Bonn vom 7.6.2014.
http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/bonn/dransdorf/Ein-Refugium-fuer-Pflanzen-und-Tiere-article1368640.html#plx98740113

Die Führung fand am 24.5.2014 statt.

Hinweise für kritische Leser:
Die Sandbiene, die auf Schmetterlingsblütler speziaisiert ist, heißt Andrena lathyri.
Sandbienen sind nicht unbedingt schmaler als alle anderen Bienen, aber zumindest als die Langhornbienen, So lassen sich die Blütenbesucher an der Zaunwicke auseinanderhalten.
Schmaler als alle anderen Bienen sind aber die Furchenbienen oder Schmalbienen, von denen wir die größte und eine kleine Art ebenfalls antrafen. Die größte Furchenbiene, Halictus scabiosae, hat hier an einer Hangböschung die vermutlich größte Nestansammlung außerhalb des Botanischen Gartens. Dank der für Bienen eher kühlen Temperatur von etwa 18°C hielten sich sehr viele Weibchen in der Nähe des Nesteingangs auf, so dass die Größe der Nestaggregation auffiel.


Quelle: http://oekologie-forum.de/Druckansicht_Alte-Dransdorfer-Kiesgrube---Ein-Refugium-fr-Pflanzen-und-Tiere_251.html