Der Maiswurzelbohrer und die Gentechnik

verfasst am 06.10.2009 von Diethelm Schneider

Meist wird der Maiswurzelbohrer uns als Bedrohung präsentiert, die nur mittels Gentechnik aufzuhalten sei.
Nun zeigen Forschungen, dass ursprünglicher Mais ganz ohne Gentechnik über Mechanismen verfügt, die Gegenspieler des Maiswurzelbohrers zu aktivieren und damit diese in Schach zu halten.

Unter 'Vermischtes' im aktuellen DGaaE-Heft (Jahrgang 23, Heft 2, 2009) findet sich folgender Beitrag:

Der Westliche Maiswurzelbohrer sorgt für massive Ernteausfälle in Norditalien

In der Lombardei, dem wichtigsten Maisanbaugebiet Italiens, hat der westliche Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera virgifera) bereits dreißig Prozent der diesjährigen Ernte vernichtet. Inzwischen ist der Schädling auch in anderen europäischen Ländern auf dem Vormarsch, unter anderem in Deutschland. Die Maisbauern benötigen in naher Zukunft geeignete Bekämpfungsstrategien. Erstmals deutet sich jetzt die Möglichkeit einer biologischen Bekämpfung des Maiswurzelbohrers mit Hilfe eines natürlichen Fraßfeindes an.
 Diabrotica virgifera, ein Käfer, zählt zu den bedeutendsten Maisschädlingen. Er kommt ursprünglich aus Mittelamerika, ist aber bereits seit einigen Jahrzehnten in den ausgedehnten Mais-Monokulturen Nordamerikas beheimatet. Dank moderner Transportmittel gelangte er in den neunziger Jahren auch nach Europa.
Zunächst breitete er sich in Osteuropa aus. Italien war das erste westeuropäische Land, in dem er gefunden wurde: 1998 in der Nähe des Flughafens von Venedig, 2000 in der Nähe eines Verladebahnhofs in der Lombardei. Es folgten weitere Käferfunde in Frankreich, Großbritannien, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz und im Juli 2007 erstmals in Deutschland. Überall, wo der Käfer gefunden wurde, versuchte man ih durch das Einrichten von Quarantänezonen, den Einsatz von Insektiziden und die Einführung der Fruchtfolge auszurotten. Seit Oktober 2003 beschloss die EU-Kommission dazu einen einheitlichen Katalog von Mindestmaßnahmen.
 Die Ausrottungsversuche waren unterschiedlich erfolgreich. Während etwa in Belgien und den Niederlanden eine Ausbreitung von Diabrotica verhindert werden konnte, wurde der Befall in der Lombardei erst erkannt, als er schon relativ weit fortgeschritten war. Deshalb kamen die Maßnahmen hier zu spät. Neun Jahre nach dem ersten Käferfund werden von dort nun Ernteausfälle von rund einer Million Tonnen gemeldet, was nach Angaben der Agrarverbände etwa dreißig Prozent der diesjährigen Produktion in der Po-Ebene bedeutet.
 In Deutschland wurde der Käfer bislang nur in Bayern und Baden-Württemberg gefunden. Dort breitet er sich allerdings aus und das Ziel, ihn auszurotten, ist wahrscheinlich nicht mehr erreichbar. Fachleute gehen davon aus, dass die natürliche Ausbreitung des Maiswurzelbohrers sich in Europa nicht mehr aufhalten, sondern nur noch verzögern lässt. Das bedeutet, dass der Maisanbau in naher Zukunft geeignete Bekämpfungsmaßnahmen benötigen wird.
Die Einführung des Fruchtwechsels - es wird nicht mehr Mais auf Mais angebaut - kann allenfalls den Schädlingsdruck mindern und die Ertragsausfälle reduzieren. Ein Teil der Käfer-Eier überlebt jedoch auch zwei Jahre im Boden oder wird an anderen Pflanzen abgelegt.
In den USA werden seit einigen Jahren gentechnisch veränderte Maissorten angebaut, die in ihren Wurzeln ein Bt-Protein bilden, das gezielt gegen den Diabrotica wirkt.
Eine neue Möglichkeit, den Maiswurzelbohrer zu bekämpfen, ist möglicherweise der Einsatz eines natürlichen Fraßfeindes - eines Fadenwurms, der die Larven des Käfers befällt. Die versuche dazu stehen aber noch am Anfang. Jetzt wurde herausgefunden, dass manche Maissorten einen Wirkstoff produzieren, der diese Fadenwürmer anlockt. Bei den heutzutage angebauten Hochleistungssorten ist diese Fähigkeit im Laufe der Züchtung verloren gegangen. Das Gen für den Wirkstoff kann durch konventionelle Züchtung oder mithilfe gentechnischer Methoden wieder in das Genom der heute genutzten Maissorten eingebracht werden, wobei letzteres weniger Zeit in Anspruch nehmen würde. Eine Gruppe internationaler Forscher hat einen solchen gentechnisch veränderten Mais jetzt getestet - mit durchaus vielversprechenden Ergebnissen.
   
    Quelle:
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
biosicherheit.de
bearb. J.H.
Wieder einmal zeigt sich, dass traditionell gezüchtete und über Jahrhunderte angebaute Maissorten die besten Mechanismen besitzen, um mit ihrer Umwelt inklusive Fraßfeinde zurechtzukommen.
Bei den auf Maschinen- und Spritzmitteleinsatz optimierten Hochleistungssorten sind viele dieser Eigenschaften verloren gegangen, weil sie vorübergehend nicht gebraucht wurden.

Eine viel effizientere Strategie, Ernteausfälle zu vermeiden, als die Modifizierung der Hochleistungssorten ist die Förderung der Kleinbäuerlichen Landwirtschaft mit ihrer Sortenvielfalt. Für Europa empfiehlt sich die Verwendung robuster traditioneller Kultursorten und ihre weitere züchterische Bearbeitung für die jeweiligen lokalen Gegebenheiten. Das schafft und sichert Arbeitsplätze, sorgt für Nahrungsmittelsicherheit und verhindert einen Massenbefall mit Schädligen, der für einen weltweiten Einsatz einiger weniger einheitlicher Sorten absehbar nur eine Frage der Zeit ist.


Quelle: http://oekologie-forum.de/Druckansicht_Der-Maiswurzelbohrer-und-die-Gentechnik_117.html