Falsche Bienen und Wespen

verfasst am 11.08.2009 von Diethelm Schneider

Immer wieder begegnen uns insbesondere unter den Fliegen Arten, die täuschend echt das Aussehen und/oder Verhalten von Bienen oder Wespen nachahmen.
Für eine Wespenmimikry fällt eine Erklärung relativ leicht. Was aber ist der Anpassungswert einer Honigbienenmimikry? Warum kopieren einige Fliegen das Aussehen pollenbeladener Seidenbienen?

Bei einer Wespenmimikry bietet sich eine relativ einfache Erklärung an: Wenn jagende Wespen wespenähnliche Insekten etwas weniger oft angreifen als andere Insekten, dann werden Arten mit Wespenähnlichkeit langfristig gefördert, auch wenn der Vorteil nur bei z.B. 10 % geringerem Jagddruck gegenüber anders aussehenden Insekten beträgt.
Dagegen halten Theorien, dass mit der Wespenmimikry Vögel getäuscht werden, einer Überprüfung nicht stand. Meisen z.B. wurden schon dabei beobachtet, dass sie sich in die Nähe eines Anfluglochs am Rande eines Daches setzten und an- oder abfliegen Wespen mit dem Fuß ergriffen, den Stachel mit dem Schnabel entfernten und die Wespen verspeisten. Der Wespenbussard gräbt gezielt nach bodennistenden Wespen.

Welchen Anpassungswert hat aber eine Honigbienenmimikry, wie wir sie bei der Schwebfliege Ersitalis tenax, der sogenannten "Mistbiene", deren Larven sich in Jauche entwickeln? Da Bienen bekanntlich Vegetarier sind und keine Insekten erbeuten, fällt ein Anpassungsdruck durch bejagende Insekten weg, zumal Wespen ihrerseits gerne Jagd auf Honigbienen machen.

Bei einigen hummelähnlichen und hornissenähnlichen Fliegen (z.B. Volucella-Arten), die ihre Eier in die Nester von Hummeln und Hornissen legen, wo sich die Larven von den Wirtslarven oder Abfall ernähren, liegt der Wert einer Nachahmung auf der Hand.
Eristalis tenax legt aber ihre Eier an Jauchegruben. Selber ernähren sie sich von Nektar und sind daher häufig auf Blüten zu sehen.
Einige hummelähnliche Fliegen wie Meredon equestris legen ihre Eier in Pflanzen (hier: in Narzissen-Zwiebeln).

Wer genauer hinschaut, stellt fest, dass es in artenreichen Gebieten fast für jede Hautflüglerart oder zumindest für Verwandtschaftsgruppen auch einen Nachahmer gibt. Gerade im Flug sind die Nachahmer auch vom Spezialisten oft nicht von ihrem Vorbild auseinanderzuhalten. Selbst Verhaltensweisen, die nur beim Vorbild einen Sinn ergeben wie das Höseln der Honigbiene, kann man auch bei ihren Nachahmern beobachten. Was ist der Anpassungswert dieser Kopien?

Bisher gibt es nur für die beiden Fälle 'Nachahmer eines Insektenjägers' und 'Unterbringung der Eier (Larven) in den Nestern (sozialer) Insekten' eine plausible Erklärung.
Für die anderen Fälle stellt sich die Frage, ob es überhaupt einen funktionellen Zusammenhang zwischen (scheinbarem) Vorbild und (scheinbarem) Nachahmer gibt.
Schließlich ist das Gehirn des Menschen darauf optimiert, Muster und Ähnlichkeiten zu erkennen.
Für eine sehr große Anzahl von Insekten (wir haben allein in Mitteleuropa über 33.300 der Wissenschaft bekannte Insektenarten) müssen wir davon ausgehen, dass sich Teile der Körperzeichnung wiederholen (zumal es Randbedingungen gibt, die nicht unendlich viele verschiedene Muster zulassen).
Es ist daher denkbar, dass in vielen Fällen nicht wirklich eine Mimikry vorliegt, sondern nur eine zufällige Ähnlichkeit. Der Zusammenhang Vorbild-Nachahmer ist dann lediglich eine Zuordnung des Menschen, der gerne nach Ähnlichkeit sortiert.

Zufällige Ähnlichkeiten dürften auch der Ausgangspunkt der Wespenmimikry gewesen sein. Sie könnte durch ein wählerisches Verhalten der Wespen gefördert worden sein/ gefördert werden. Auch hier handelt es sich aber bisher um eine Theorie, deren Überprüfung noch aussteht.


Quelle: http://oekologie-forum.de/Druckansicht_Falsche-Bienen-und-Wespen_113.html