Das Europäische Patentamt, das von der Industrie für die Erteilung von Patenten bezahlt wird, wird nicht müde, entgegen dem europäischen Gesetzestext, der das Patentieren von Pflanzensorten ebenso verbietet wie das Patentieren von klassischen Züchtungsverfahren, weiter Kulturpflanzen inklusive deren verarbeiteter Produkte zu patentieren.
Damit geben sie den Konzernen die Macht, in Zukunft den Lebensmittelmarkt noch stärker zu kontrollieren, indem sie Preise und Verfügbarkeit willkürlich beeinflussen können.
Dazu ein paar aktuelle Meldungen von no-patents-on-seeds:
Patente auf Brokkoli und Tomaten bestätigt
Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere auch in Zukunft möglich
München, 27. März 2015 / Das Europäische Patentamt (EPA) hat endgültig über die Patente auf Tomaten und Brokkoli entschieden (G2 / 12 und G2 /13). Die Große Beschwerdekammer des Amtes stellt klar, dass Patente auf Pflanzen und Tiere, die konventionell gezüchtet sind, weiterhin erteilt werden dürfen - obwohl laut Gesetz die Patentierung von Verfahren zur konventionellen Züchtung verboten ist. Diese in sich äußerst widersprüchliche Entscheidung ist eine seit langem erwartete Grundsatzentscheidung. Die internationale Koalition Keine Patente auf Saatgut! kritisiert diese Entscheidung scharf. Die Organisationen befürchten jetzt eine zunehmende Monopolisierung der Tier- und Pflanzenzüchtung.
„Das EPA hat den Weg für Konzerne wie Monsanto und Syngenta geebnet, die Kontrolle über die Grundlagen unserer Ernährung zu übernehmen. Wir fordern die europäischen Regierungen auf, jetzt politisch Druck auf das Europäische Patentamt auszuüben, um diese Praxis sofort zu stoppen“, sagt Christoph Then, Koordinator des Bündnisses „Keine Patente auf Saatgut!. „Konzerne dürfen kein Monopol auf Sonnenlicht, Luft oder Wasser haben und ebenso wenig auf die Grundlagen der Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung.“
Obwohl die deutsche Bundesregierung sich laut Koalitionsvertrag für ein europaweites Verbot der Patentierung von konventionell gezüchteten Pflanzen und Tieren einsetzen will, ist sie bislang untätig geblieben. Auf Anfrage hatte das zuständige Justizministerium mitgeteilt, dass man erst diese Entscheidung abwarten wolle. „Dieses Problem darf die Regierung nicht länger aussitzen. Wir appellieren an den zuständigen Bundesjustizminister Heiko Maas, jetzt so rasch wie möglich eine Initiative im Verwaltungsrat des Europäischen Patentamtes zu starten. Das EPA, das von der Industrie für die Erteilung von Patenten bezahlt wird, hebelt sonst das gesetzlich verankerte Patentierungsverbot immer weiter aus“, warnt Christoph Then
Auch in anderen europäischen Ländern wie den Niederlanden und Frankreich beobachten die Regierungen die Rechtsprechung des EPA zu Pflanzen und Tieren kritisch. Die Organisationen von Keine Patente auf Saatgut! hoffen jetzt, dass die Politik sich endlich ihrer Verantwortung bewusst wird und das EPA in seine Schranken weist.
Keine Patente auf Saatgut! befürchtet, dass Patente die Marktkonzentration im Saatgutbereich weiter vorantreiben werden und die Grundlagen der Ernährung somit in die weitgehende Abhängigkeit von einigen wenigen internationalen Konzernen gelangen. Die Koalition Keine Patente auf Saatgut! wird von Bionext (Niederlande), der Erklärung von Bern, GeneWatch UK, Greenpeace, Kein Patent auf Leben!, Misereor, Rete Semi Rurali (Italien), Réseau Semences Paysannes (Frankreich), Red de Semillas (Spanien), dem norwegischen Development Fund und Swissaid getragen. Unterstützt von mehreren Hundert Organisationen, setzt sich die Koalition gegen die Patentierung von Pflanzen und Tieren ein.
Kontakt und weitere Informationen:
Christoph Then, 0151 54638040, info@no-patents-on-seeds.org
Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes (english)
Europäisches Patentamt will Monsanto weitere 30 Patente auf Nahrungspflanzen erteilen
Die internationale Koalition von „Keine Patente auf Saatgut!“ veröffentlicht einen Aufruf an die Regierungen in Europa
21. Mai 2015 / „Jetzt handeln – die Zukunft unserer Ernährung retten!“ Die internationale Koalition von „Keine Patente auf Saatgut!“ veröffentlicht heute einen Aufruf an die europäischen Regierungen. Sie warnt davor, dass Konzerne wie Monsanto immer mehr Kontrolle über die Grundlagen unserer Ernährung erlangen. Wie eine aktuelle Recherche zeigt, will das Europäische Patentamt (EPA) in allernächster Zeit weitere 30 Patente auf Pflanzen aus konventioneller Züchtung an Monsanto und deren Töchterfirmen erteilen. Die Firma Syngenta kann zeitnah auf etwa ein Dutzend Patenterteilungen hoffen. Viele dieser Patente, die jetzt unmittelbar vor der Erteilung stehen, erstrecken sich auf Gemüse wie Tomaten, Paprika, Blumenkohl, Karotten und Salat.
Da die Schweizer Firma Syngenta schon bald von ihrem US-Konkurrenten Monsanto übernommen werden könnte, würden dadurch auch die neuen Patente ebenso wie viele Hundert bereits erteilte in einer Hand vereint. Damit hätte Monsanto seine globale marktbeherrschende Stellung deutlich ausgebaut und könnte die Grundlagen der Ernährung in Europa und anderen Regionen der Welt in nie dagewesenem Ausmaß kontrollieren. Viele der vom EPA erteilten Patente erstrecken sich über die gesamte Kette der Nahrungsmittelerzeugung, vom Saatgut bis zum Lebensmittel.
Ende März 2015 bekräftigte die Große Beschwerdekammer des EPA eine völlig inakzeptable Auslegung der Patentgesetze: Während Verfahren der konventionellen Züchtung nicht patentiert werden dürfen, sollen Pflanzen und Tiere, die aus einer derartigen Züchtung stammen, patentiert werden können. Das ist nicht nur widersprüchlich, sondern untergräbt auch die geltenden Verbote im europäischen Patentrecht, welche besagen, dass „Pflanzensorten oder Tierrassen sowie im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren“ nicht patentiert werden dürfen. Diese Entscheidung der Großen Beschwerdekammer ist auch für die jetzt unmittelbar zur Entscheidung anstehenden Patente von Monsanto und Syngenta bindend.
„Züchter, Landwirte, Lebensmittelhersteller und Verbraucher gehören zu den Verlierern dieser Entwicklung: Der fortschreitende Konzentrationsprozess in der Züchtung gibt einigen wenigen Konzernen die Macht, darüber zu entscheiden, was auf dem Acker angebaut wird, was wir essen und welchen Preis wir dafür zu bezahlen haben“, erklärt Christoph Then von „Keine Patente auf Saatgut!“. „Die europäischen Regierungen müssen jetzt endlich aktiv werden und die Interessen der Allgemeinheit gegen die von Patentlobbyisten und Großkonzernen verteidigen.“
Die internationale Koalition von „Keine Patente auf Saatgut!“ verlangt, dass die europäischen Regierungen die bestehenden Verbote der Patentgesetze stärken, indem sie die Regeln zu ihrer Auslegung verändern. Einzelne Regierungen wie die deutsche und die niederländische verbieten in ihren Ländern auch bereits Patente auf Pflanzen und Tiere, die aus konventioneller Zucht stammen. Andere Länder sollten diesem Beispiel folgen und noch darüber hinausgehen. Schließlich sollten die europäischen Patentgesetze so verändert werden, dass Patente auf Züchtungsverfahren, Züchtungsmaterial, Züchtungsmerkmale, Gene sowie auf Pflanzen und Tiere und von diesen gewonnene Lebensmittel vollständig verboten werden.
Die Koalition Keine Patente auf Saatgut! wird von Bionext (Niederlande), der Erklärung von Bern, GeneWatch UK, Greenpeace, Kein Patent auf Leben!, Misereor, Rete Semi Rurali (Italien), Réseau Semences Paysannes (Frankreich), Red de Semillas (Spanien), dem norwegischen Development Fund und Swissaid getragen. Unterstützt von mehreren Hundert Organisationen, setzt sich die Koalition gegen die Patentierung von Pflanzen und Tieren ein.
Kontakt:
Christoph Then, 0049-(0)151/54 63 80 40, info@no-patents-on-seeds.org
Link zur Petition:
http://no-patents-on-seeds.org/de/aktion/keine-patente-pflanzen-tiere
Und vom Oktober:Europäisches Patentamt weitet Geschäft mit Patenten auf Leben aus
Neues Patent auf Tomaten aus klassischer Züchtung erteilt
25. August 2015 Ein Monopol auf spezielle Tomaten mit einem erhöhten Gehalt an gesunden Inhaltsstoffen, sogenannten Flavonolen wurde jetzt vom Europäischen Patentamt (EPA) an den Schweizer Konzern Syngenta vergeben. Das Patent umfasst die Pflanzen, das Saatgut und die Tomatenfrüchte. Das Patent EP1515600 beruht auf der Kreuzung von wilden Tomaten mit bereits gezüchteten Sorten. Die Pflanzen sind nicht gentechnisch verändert, sondern stammen aus der klassischen Zucht.
Die europäischen Patentgesetze verbieten Patente auf Pflanzensorten ebenso wie auf klassische Züchtungsverfahren. Doch im März 2015 hatte das EPA entschieden, dass Patente auf Pflanzen, Saatgut und deren Ernte, die mithilfe klassischer Züchtung hergestellt werden, doch patentiert werden. Das EPA, das seine Einnahmen aus der Erteilung von Patenten bezieht, ebnet mit dieser inakzeptablen Auslegung des Patentrechts den Weg für seine eigenen Interessen ebenso wie für die der Industrie. Diese Entscheidung des Patentamts rief bereits verschiedene politische Reaktionen hervor: Die Niederlande kündigten eine politische Initiative auf der Ebene der EU an, die Regierungen von Deutschland und Frankreich scheinen bereit zu sein, gemeinsam gegen die Praxis des EPA vorzugehen. Bereits 2012 hatte das Europäische Parlament gefordert, die Erteilung dieser Patente zu stoppen. In Deutschland hat sich jüngst auch der Bundesrat gegen Patente auf konventionelle Züchtung positioniert.
„Mit der Erteilung dieser Patente ignoriert das EPA die Interessen der Allgemeinheit und bedient stattdessen die eigene Klientel. Wenn diese Entwicklung nicht schnell gestoppt wird, geraten wir alle in die Abhängigkeit großer Konzerne wie Monsanto, Syngenta und Dupont, die dann immer mehr Patente auf unsere Nahrungspflanzen anmelden“, sagt Christoph Then für Keine Patente auf Saatgut!. „Die Bundesregierung muss noch entschiedener gegen diese Aktivitäten des Patentamts einschreiten. Andernfalls kommt es Schritt für Schritt zum Ausverkauf unserer Nahrungsgrundlagen.“
Konkret soll die Bundesregierung im Verwaltungsrat des Europäischen Patentamts aktiv werden, dem einzigen politischen Kontrollgremium des Amtes. Durch eine gemeinsame Initiative mit anderen Regierungen könnte so in naher Zukunft die Erteilung weiterer derartiger Patente verhindert werden.
Ein Aufruf der internationalen Koalition Keine Patente auf Saatgut!, dieses Patent zu stoppen, wird bereits von mehreren Hundert Organisationen unterstützt. Keine Patente auf Saatgut! wird von Bionext (Niederlande), der Erklärung von Bern (Schweiz) GeneWatch (Großbritannien), Greenpeace, Misereor (Deutschland), dem Entwicklungshilfe-Fond (Norwegen), Kein Patent auf Leben! (Deutschland), Red de Semillas (Spanien), Rete Semi Rurali (Italien), Reseau Semences Paysannes (Frankreich) und Swissaid (Schweiz) getragen. Die Koalition fordert ein Verbot der Patentierung von Pflanzen und Tieren.
Kontakt und weitere Informationen:
Christoph Then, 0049-(0)151/54 63 80 40, info@no-patents-on-seeds.org
Das erteilte Patent
Es wird Zeit, dass diese Praxis des EPA gestoppt wird!Syngenta erhält Patent auf Verwendung von Paprika als Lebensmittel
Pflanzen stammen aus konventioneller Züchtung
22. Oktober 2015 / Das Europäische Patentamt in München (EPA) hat dem Schweizer Konzern Syngenta ein Patent erteilt, das sich auf die Verwendung von Paprika „als Frischprodukt, als frisch geschnittenes Produkt oder für die Verarbeitung wie zum Beispiel die Konservenindustrie“ erstreckt (EP 2 166 833 B1). Auch die Pflanzen, deren Anbau und Ernte sowie das Saatgut werden beansprucht. Die Pflanzen, die dazu dienen sollen, Paprikafrüchte ohne Samen zu produzieren, stammen aus konventioneller Züchtung unter Nutzung der natürlichen biologischen Vielfalt. Gentechnik kam hingegen nicht zum Einsatz.
Die europäischen Patentgesetze verbieten Patente auf Verfahren zur konventionellen Züchtung. Das EPA erteilt dennoch Patente auf Pflanzen, züchterische Merkmale sowie Saatgut und die Ernte, die aus dieser Züchtung stammen. Dabei bedient das EPA auch seine eigenen Interessen, da die Einnahmen des Amtes aus Gebühren für die Prüfung und Erteilung von Patenten stammen.
„Schritt für Schritt übernehmen die Saatgutkonzerne die Kontrolle über unsere Nahrungsmittel. Sollen wir in Zukunft erst um Erlaubnis fragen, bevor wir eine Paprika aufschneiden? Auf jeden Fall kann Syngenta Andere daran hindern, diese Paprika anzubauen, zu ernten, als Nahrungsmittel zu verkaufen oder für die weitere Züchtung zu nutzen, wenn die Firma das will“, sagt Christoph Then für die internationale Koalition Keine Patente auf Saatgut! „Die Patentierung von Nahrungspflanzen ist ähnlich problematisch wie die Privatisierung von Wasser und erfordert eine klare Reaktion der Politik.“
Tatsächlich laufen bereits politische Aktivitäten auf mehreren Ebenen: So hat die EU-Kommission bereits vor über einem Jahr eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die in den nächsten Wochen erste Ergebnisse veröffentlichen will. Die meisten Beobachter erwarten jedoch nicht, dass die eher industriefreundliche EU-Kommission sich in nächster Zeit für weitreichende Änderungen stark machen wird.
Die europäischen Regierungen können jedoch über den Verwaltungsrat des EPA, der die politische Kontrollinstanz des Amtes darstellt, selbst aktiv werden. Die Mitgliedsländer des EPA können über die Auslegung der bereits bestehenden Verbote entscheiden und so für ihre Durchsetzung sorgen.
„Laut europäischer Patentgesetze dürfen keine Patente auf Pflanzensorten und auf Verfahren zur konventionellen Züchtung erteilt werden. Der Verwaltungsrat des EPA kann darüber entscheiden, wie diese Verbote ausgelegt werden, sodass sie tatsächlich wirksam sind und die Patentierung konventioneller Züchtung gestoppt wird“, so Christoph Then. „Die deutsche Bundesregierung darf allerdings mit ihrer seit Langem angekündigten europäischen Initiative nicht länger warten, während das EPA immer weitere Patente auf Nahrungspflanzen und deren Ernte erteilt.“
Ein Aufruf der internationalen Koalition Keine Patente auf Saatgut!, dieses Patent zu stoppen, wird bereits von mehreren Hundert Organisationen unterstützt. Keine Patente auf Saatgut! wird von Bionext (Niederlande), der Erklärung von Bern (Schweiz) GeneWatch (Großbritannien), Greenpeace, Misereor (Deutschland), dem Entwicklungshilfe-Fond (Norwegen), Kein Patent auf Leben! (Deutschland), Red de Semillas (Spanien), Rete Semi Rurali (Italien), Reseau Semences Paysannes (Frankreich) und Swissaid (Schweiz) getragen. Die Koalition fordert ein Verbot der Patentierung von Züchtungsmaterial, Züchtungsmethoden, Pflanzen und Tieren, deren Züchtungsmerkmale, sowie deren Ernte und der daraus hergestellten Lebensmittel.
Kontakte:
Christoph Then, Tel: 0 15154638040, info@no-patents-on-seeds.org
François Meienberg, Erklärung von Bern, +41 (0) 44 277 70 04, food@evb.ch
Weiter Informationen:
International Aufruf gegen Patente auf Saatgut: www.no-patents-on-seeds.org
Der Text des Patentes www.keinpatent.de/uploads/media/EP2166833B1.pdf