Die Haselwurz (Asarum europaeum)

Kennen Sie die Haselwurz? Eine niedrige, kriechende Pflanze mit herzförmigen bzw. leberförmigen Blättern, die in frischen Laubwäldern auf Lehmböden vorkommt.
Die Blüten sind unscheinbar braunviolett und befinden sich nicht über, sondern unterhalb der Blätter in Bodennähe.
Welches Tier bestäubt die Haselwurz?
Von Botanikern kam schon der Vorschlag, dass die Haselwurz durch Schnecken bestäubt werden könnte.
Warum kommen Schnecken dafür nicht in Frage?

1. Die Schnecke müsste in der Lage sein, die Blüten gezielt aufzusuchen.
     Nach allen bisherigen Erfahrungen suchen Schnecken nicht nach Blüten, sondern verzehren alle genießbaren, d.h. genügend weichen Pflanzenteile.

 2. Die Schnecken dürften die Blüten nicht auffressen, sonst gibt es nichts zu bestäuben.
     Das Argument, die Blüten der Haselwurz seien relativ robust, zieht nicht. Denn mindestens der Griffel muss weich sein, weil sonst die Pollenschläuche nicht zu den Samenanlagen durchwachsen können. Wenn ausgerechnet die zur Bestäubung wesentlichen Blütenteile nicht fraßgeschützt sein können, gibt es keinen Fraßschutz, zumindest wenn der Griffel für die Bestäubung durch die Schnecke erreichbar sein soll.

 3. Die Schnecken müssten den Pollen zuverlässig auch zu weiteren Blüten transportieren können.
     Der Pollen lässt sich zwar auf der Schnecke deponieren. Wer aber einmal Schnecken beobachtet hat, wird gesehen haben, dass diese eine Schleimspur hinterlassen. Diese kommt dadurch zustande, dass die Schleimoberfläche der Schnecke ständig erneuert und beim Kriechen quasi nach hinten 'abgestreift' werden.
 Damit ist die Wahrscheinlichkeit, dass auf der Schnecke abgeladener Pollen bei der nächsten Blüte noch an der selben Stelle ist, sehr gering. Möglicherweise ist er auch längst abgestreift. Damit wird eine erfolgreiche Bestäubung extrem unwahrscheinlich.

 4. Die Schnecken müssten die Strecke zwischen verschiedenen Blüten in hinreichend kurzer Zeit zurücklegen, damit sichergestellt wird, dass Bestäubung und Samenbildung innerhalb der Blütezeit stattfinden können.
    Dagegen spricht die sprichwörtliche Langsamkeit der Schnecken.

 5. Schnecken und Blüten sollten ein ähnliches Aktivitätsmuster haben.
     Die Pflanzen öffnen ihre Blüten meist bei schönem Wetter, Schnecken bevorzugen feuchte Witterung. Sollte es während der Blütezeit der Haselwurz gerade eine mehrwöchige Schönwetterperiode geben, so wird eine erfolgreiche Bestäubung extrem unwahrscheinlich.

Dass sich bei so vielen nicht passenden Randbedingungen eine funktionierende Beziehung Blüte - Bestäuber zwischen Haselwurz und Schnecken ausgebildet haben soll, ist extrem unwahrscheinlich.

 Was ist den nun der wirkliche Bestäuber?

 Dazu zwei Hinweise:
 1. Riechen Sie mal intensiv an einer Blüte. Sie werden feststellen, dass Sie nach? Pfeffer! riecht.

  2. Bei einer Exkursion in der Provence hatte ich eine Pfeffersalami dabei. Bei einer Rast legte ich die angeschnittene Salami neben mich.
Kurz darauf war die Salami mit zahlreichen Ameisen übersät.

 3. Die Blüten befinden sich in Bodennähe.

 Wahrscheinlich sind also Ameisen die Bestäuber.  Ãœberprüfen wir noch mal die oben angeführten Kriterien für eine erfolgreiche Bestäubung:
 

 Um herauszufinden, ob ein bestimmtes Tier / eine bestimmte Tiergruppe als Bestäuber in Frage kommen, sind unsere Prüfkriterien sehr hilfreich.

Am 02.10.2006 von Diethelm Schneider verfasst.