"Ratten-Studie": Weiterhin kein Schutz für Verbraucher

Dass EFSA und BfR die Relevanz die aktuell diskutierten Rattenstudie zur Fütterung mit Gen-Mais in Abrede stellen, war vorhersehbar. Statt weitere Untersuchungen zu fordern und bis dahin Zulassungen von Gen-Mais auszusetzen, wird aber einfach erklärt, der Gen-Mais sei sicher.
So sieht Verbraucherschutz à la EFSA aus.

Dazu eine Pressemeldung von testbiotech:

"Ratten-Studie": Weiterhin kein Schutz für Verbraucher

Stellungnahme der Behörden zu einer Fütterungsstudie mit gentechnisch verändertem NK603-Mais und dem Pestizid "Roundup" nicht ausreichend, um Sicherheit der Produkte zu belegen

München/Parma 4.10.2012 Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA und das Deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) halten eine aktuelle Studie zu gentechnisch verändertem Mais und zu Auswirkungen des Pestizids Roundup für nicht aussagekräftig. In der Untersuchung französischer Wissenschaftler hatten sich bei Ratten, die mit NK608-Mais gefüttert oder geringen Mengen des Pestizids "Roundup" ausgesetzt worden waren, gesundheitliche Schäden gezeigt.
Nach Ansicht von Testbiotech sind umgekehrt die Bewertungen durch die Behörden nicht ausreichend, um die erheblichen Zweifel an der Sicherheit der Produkte auszuräumen. Die französischen Wissenschaftler sprechen in ihrer Publikation zwar nicht von Beweisen für gesundheitliche Schäden, aber von deutlichen Hinweisen auf gesundheitliche Schäden, denen mit weiteren Untersuchungen nachgegangen werden müsse. Nach der Europäischen Gesetzgebung muss das Prinzip der Vorsorge zur Anwendung kommen, wenn berechtigte Gründe vorliegen, die Sicherheit von Lebensmitteln anzuzweifeln. Demnach müsste eine Vermarktung der Produkte ausgesetzt werden, bis die Zweifel an ihrer Sicherheit ausgeräumt sind.
"Solange die Untersuchungsergebnisse der französischen Studie nicht eindeutig widerlegt werden, ist es unverantwortlich, diese nur aufgrund von methodischen Mängeln zu verwerfen", sagt Christoph Then von Testbiotech. "Selbst wenn diese Studie nicht als endgültiger Beweis für die Risiken von gentechnisch veränderten Pflanzen angesehen wird, liegt die Beweislast jetzt bei der Industrie: Diese muss zeigen, dass ihre Produkte für die Verbraucher sicher sind. Hier geht es nicht um eine theoretische Frage, sondern ganz konkret um den Schutz der Verbraucher."

Testbiotech weist darauf hin, dass Behörden wie die EFSA und das BfR nicht unparteiisch sind: Indem sie die Studie der französischen Wissenschaftler angreifen, rechtfertigen sie ihre eigenen Prüfstandards und Bewertungen, denen zufolge diese Pflanzen als sicher anzusehen sind. Die Behörden verlangen dabei grundsätzlich nicht, dass die Firmen die Sicherheit ihrer Produkte tatsächlich belegen. Sie gelten solange als unbedenklich, bis das Gegenteil bewiesen ist.
Fütterungsversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen sind derzeit nicht vorgeschrieben. Lediglich die isolierten Eiweißstoffe werden auf ihre Toxizität überprüft. Einige Firmen legen der Behörde trotzdem auch die Ergebnisse von Fütterungsversuchen mit den Pflanzen vor. Es handelt sich dabei in der Regel aber nur um 90-Tage-Tests. Untersuchungen über die gesamte Lebenszeit der Tiere oder unter Einschluss der nächsten Generationen sind nicht üblich.
Zudem sind unabhängige Studien oft nicht möglich, weil die Firmen den Zugang zu Untersuchungsmaterial blockieren oder die Forscher verpflichten, ihnen ihre Ergebnisse vor einer Veröffentlichung zur Genehmigung vorzulegen. In einigen Fällen wurden Wissenschaftler tatsächlich daran gehindert, ihre Ergebnisse öffentlich zu machen, weil diese den Interessen der Unternehmen widersprachen.
"Es ist extrem wichtig, dass diese Daten publiziert wurden. Die Fragen, die jetzt diskutiert werden, hätten wir schon klären müssen, bevor die ersten gentechnisch veränderten Pflanzen und Pestizid Roundup zugelassen wurden", argumentiert Christoph Then.

Die französischen Wissenschaftler haben wesentlich mehr Daten erhoben, als dies bei den üblichen Untersuchungen der Industrie der Fall ist. Nach Auskunft der Forscher waren die Tests ursprünglich nur auf 90 Tage angelegt und wurden dann aufgrund der überraschenden Befunde verlängert. Testbiotech fordert, dass die Wissenschaftler auch die bisher noch nicht publizierten Teil-Ergebnisse veröffentlichen, damit die Ergebnisse umfassend bewertet werden können.

Link zur Studie aus Frankreich: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0278691512005637

Link zur Stellungnahme der EFSA: http://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/2910.htm

Link zur Stellungnahme des BfR: http://www.bfr.bund.de/de/presseinformation/2012/29/studie_der_universitaet_caen_ist_kein_anlass_fuer_eine_neubewertung_von_glyphosat_und_gentechnisch_veraendertem_mais_nk_603-131728.html

Link zu einem Aufruf unabhängiger Wissenschaftler: http://independentsciencenews.org/health/seralini-and-science-nk603-rat-study-roundup/

Dazu eine weitere Meldung vom Informationsdienst Gentechnik:

9.10.2012

Europaabgeordnete fordert Rücktritt der EFSA-Chefin


Rücktrittforderungen: EFSA-Chefin Geslain-LanÈelle auf der GMO-Free Europe Conference 2012 (Foto: Volker Gehrmann)

Wegen des Umgangs der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA mit der französischen Langzeitstudie zu Krebserkrankungen durch Gentechnik-Mais hat die liberale EU-Abgeordnete Corinne Lepage den Rücktritt der Behördenchefin, Catherine Geslain-LanÈelle, gefordert. Lepage nannte es eine "Absurdität" und einen "ethischen Konflikt", dass ein Experte des Gentechnik-Gremiums der EFSA, der 2003 an der Risikoprüfung des umstrittenen Monsanto-Maises NK603 beteiligt war, auch die Bewertung der aktuellen Studie zu eben jenem Mais absegnete. Außerdem habe die EFSA lediglich die Argumente anderer Kritiker der Studie, die schon in vielen Medien zitiert wurden, kopiert.
"Die vorläufige Bewertung der EFSA hat mich verblüfft, weil sie wortwörtlich die Kritikpunkte und Angriffe von Gegnern der Studie enthält", erklärt Lepage in einem Kommentar für das französische Internetmedium Le Plus. "Und das ohne zu berücksichtigen, dass die Bewertungen der EFSA selbst erwiesenermaßen auf wesentlich weniger anspruchsvollen Kriterien basiert als die Studie."

Die europäische Behörde hatte zuvor, wie auch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), mitgeteilt, sie halte den Gentechnik-Mais NK603 weiterhin für sicher. Wie einige in zahlreichen Medien wiedergegebene Wissenschaftler, kritisierte die EFSA dabei, die Untersuchung der Universität Caen sei nicht nach den gängigen Standards verlaufen. So wurde zum Beispiel bemängelt, dass die von den Forschern um Gilles-Eric SÈralini verwendeten Ratten ohnehin zur Tumorbildung neigen. Allerdings ist es die gleiche Art, die auch die Gentechnik-Industrie für ihre Versuche nutzt - und so die Zulassung ihrer Pflanzen erreicht. Für Lepage dient die Abwertung der Studie durch die EFSA daher vor allem dem Selbstschutz der Behörde: "Die Tauglichkeit der Studie anzuerkennen wäre für die Agentur wie an dem Ast zu sägen, auf dem sie seit Jahren sitzt, weil alle ihre Bewertungen von GVO [gentechnisch veränderten Organismen, Anm. d. Red.] positiv waren."
Insbesondere kritisierte die Europaabgeordnete, dass die EFSA sich wie "Richter und Jury" zugleich verhalte. Damit bezog sich Lepage auf die Doppelfunktion des britischen Experten Andrew Chesson. Er hatte 2003 für die EFSA die Risikobewertung des Maises NK603 vorgenommen. Nun fungierte er als Peer-Reviewer, also als Kontrolleur des Behördenpapiers zur französischen Ratten-Studie mit demselben Mais. Urteil der EFSA: Kein Grund zur erneuten Prüfung des Lebensmittels.

Quelle: http://www.keine-gentechnik.de/news-gentechnik/news/de/26461.html

Am 06.10.2012 von Diethelm Schneider verfasst.