Studie: Pflanzenschutzmittel gefährden Frösche

Zugelassene Pestizide sollten "sicher" sein, d.h. unerwünschte 'Nebenwirkungen' sollten ausgeschlossen oder wenigstens bekannt und beherrschbar sein.
Jetzt zeigt eine Studie des Umweltbundesamtes, dass bereits zugelassene Pestizide katastrophale Auswirkungen haben:

Studie: Pflanzenschutzmittel gefährden Frösche

Der Kontakt mit Pflanzenschutzmitteln kann für Frösche  tödlich sein. Eine aktuelle, im Auftrag des Umweltbundesamtes  durchgeführte Studie des Instituts für Umweltwissenschaften Landau an  der Universität Koblenz-Landau hat aufgedeckt, dass schon der Einsatz  der empfohlenen Produktmenge bei Grasfröschen (Rana temporaria) zu  Sterblichkeitsraten von 20 bis 100 Prozent führt. Die Gefahr besteht für  alle sieben getesteten Mittel - ob Fungizid, Herbizid oder Insektizid.  Sie sind jedoch trotzdem zugelassen, da das entsprechende Verfahren  bislang mögliche Auswirkungen auf Amphibien (Lurche) nicht untersucht.

"Es ist kaum fassbar, dass es bei Pestiziden, die das aktuell  praktizierte Zulassungsverfahren für Pestizide durchlaufen haben, zu  direkter Mortalität bei Amphibien kommt", sagt Carsten Brühl, Leiter der  Studie. "Unsere Laborversuche zeigen eine derartige Wirkung auf an Land  lebende Entwicklungsstadien der Tiere. Dieser in der Risikobewertung  bislang nicht berücksichtigte Effekt sollte in den Schutzbemühungen von  Frosch- und Krötenpopulationen Berücksichtigung finden."

Die feuchte Haut von Fröschen absorbiert Pestizide in größeren Mengen

Amphibien  sind die am stärksten gefährdeten Wirbeltiere weltweit. Als mögliche  Ursachen werden der Wettbewerb mit eingewanderten Arten, erhöhte  UV-Strahlung, die globale Klimaerwärmung, ansteckende Krankheiten sowie  der Verlust an Lebensraum diskutiert. Bislang nicht beachtet wird der  Einfluss von Pestiziden. Dies liegt daran, dass die Untersuchung  möglicher Effekte bislang nur unzureichend erfolgte und nicht  Bestandteil des Zulassungsverfahrens für Pflanzenschutzmittel ist.  Zurzeit werden nur Auswirkungen auf Vögel und Säugetiere sowie auf in  Gewässern lebende Organismen getestet.

 Auch bei Vögeln und Säugetieren gibt es seit längerer Zeit die  Diskussion, ob Pestizide über die Haut aufgenommen werden und wie groß  die dadurch bedingte Gefahr ist. Die feuchte Haut von Fröschen  absorbiert Stoffe in viel größeren Mengen, da sie im direkten Kontakt  mit der Umwelt steht. Daher ist die Gefahr der so genannten dermalen  Exposition hoch. Während die Zulassungsverfahren für Pestizide im Rahmen  von Gewässeruntersuchungen Kaulquappen berücksichtigen, gilt dies nicht  für die erwachsenen Frösche. Hier galt bislang die Einschätzung, dass  für Vögel und Säugetiere unbedenkliche Mengen auch bei Fröschen kein  großes Problem darstellen.

Zu 100 Prozent tödlich

Diese  Haltung muss jedoch grundlegend überdacht werden. Schließlich führen  bereits die empfohlenen Einsatzmengen des Fungizids "Headline" im  Laborversuch bei juvenilen Grasfröschen innerhalb einer Stunde zu einer  Sterblichkeitsrate von 100 Prozent. Da jedoch ein anderes Mittel, das  die gleiche Menge des Wirkstoffs enthält, nur zu 20 Prozent tödlich ist,  liegt die Gefahr wohl eher in den jeweils verwendeten Zusatzstoffen  oder deren Konzentration. Welche Stoffe dies sind und wie sie wirken,  ist jedoch noch völlig unklar und bedarf weiterer Forschungen. Dies gilt  auch für die möglichen Effekte der Pestizide auf Freiland-Populationen.

"Unsere Studie zeigt aber, dass schon jetzt dringender Handlungsbedarf  besteht", so Carsten Brühl weiter. "Auch Landwirte haben schließlich ein  großes Interesse an einer intakten Natur und wollen Amphibien schützen,  die schädliche Insekten vertilgen. Sie wollen daher Pestizide  einsetzen, die diese nicht gefährden." Ebenso sollten sich die für die  Risikobewertung für Pestizide Verantwortlichen mit diesem Thema  auseinandersetzen und Amphibien in ihre Betrachtung einschließen.

Originalpublikation

Quelle: idw/Universität Koblenz-Landau

Gefunden auf analytik-news


Ein sehenswerter Film zum weltweiten Einsatz von Pestiziden:

Am 02.02.2013 von Diethelm Schneider verfasst.