Die letzte dieser Meldungen kam vor kurzem, am 14.11.09. Da wurde von einem Einschlagexperiment auf dem Mond berichtet. Seltsamerweise waren die Liveberichterstatter bei dem ursprünglichen Experiment enttäuscht gewesen, weil kaum etwas von einer Staubwolke zu sehen war. Jetzt aber meldete Washington doch noch einen Erfolg. Die dazu gezeigten Bilder der Tagesschau zeigten die Mondoberfläche sowie einen grobkörnigen und pixeligen Ausschnitt der Mondoberfläche, der angeblich die Staubwolke darstellen soll. Darüber hinaus ist nur eine Computeranimation des Einschlags zu sehen.
In der so erzeugten Wolke wollen die Forscher Wasser nachgewiesen habe, "ob gebunden oder als Eis, das müssen wir noch analysieren". Dafür sind sie sich aber sicher, dass es mindestens 90 Liter sind.
Mal abgesehen davon, dass die gezeigten Bilder und Animationen keinerlei Beweis für irgend etwas sind - Animationen entstehen bekanntlich im Computer und die Bildausschnitte besagen für sich überhaupt nichts, die graue Trübung in der Mitte könnte alles und nichts darstellen - ist es doch erstaunlich, dass man noch nicht weiß, in welcher Form das Wasser vorliegt, dafür aber schon genau die Menge. Und dass es nach Reinigung auch trinkbar wäre.
Nun ja, dass Wasser als chemische Verbindung bei Zimmertemperatur flüssig und als reine (d.h. fremdverbindungsfreie) Substanz auch trinkbar wäre, ist eher trivial.
Aber selbst wenn wir mal annehmen, dass die produzierten Bilder tatsächlich das darstellen, was sie sollen, nämlich eine Staubwolke, und dass in dieser Staubwolke tatsächlich Wasser - in welcher Form auch immer - nachgewiesen wurde, zeigen doch die weiteren Schlussfolgerungen, dass es hier um einen Marketingfeldzug geht, der der NASA wieder Gelder (insbesondere öffentliche Forschungsgelder) zuspielen soll:
Wasser und möglicherweise weitere interessante (sic!) Stoffe, die sich vielleicht noch in den schattigen Kratern des Mondes verbergen, sollen als Ressourcen für die zukünftige bemannte Raumfahrt dienen.
Tun wir doch mal für einen Moment so, als würden wir diese Aussagen ernst nehmen.
Die Nutzung von evtl. vorhandenem Wasser auf dem Mond, sei es zum Trinken, sei es nach Aufspaltung (H2 und O2) zur Atmung oder als Raketentreibstoff, bedeutet einen Verbrauch des Wasser auf dem Mond, d.h. eine Entfernung des Wassers vom Mond.
Wie wir in der Schule gelernt haben sollten, beeinflusst die Masse des Mondes die Wechselwirkung zwischen Mond und Erde. Wenn ich die Masse des Mondes verändere, dann verändert sich der Einfluss des Mondes auf die Gezeiten, ebenso sind Entfernung und Umlaufgeschwindigkeit des Mondes von der Masse des Mondes abhängig.
Wenn wir wirklich zu einer verbrauchenden Nutzung von Bestandteilen des Mondes greifen würden, würde das eine aberwitzige Form von Geoengeneering darstellen mit aberwitzigen Folgen!
Hoffen wir, dass die Verlautbarungen zum Wasser im Mond und seiner Nutzbarkeit nur Geistesblitze der Marketingabteilung der NASA sind. Sollten dagegen die Wissenschaftler selbst diesen Phantasien von nutzbaren Ressourcen auf dem Mond frönen, dann müssten wir mit Wolf Biermann feststellen:
"Sie haben im Schädel sowohl Dreck als auch Stroh,____
sie sind so dumm - und sie tun auch nur so."
Der langsame Abschied vom Mond
Lange unterschätzt: Der Mond und seine Einflüsse begünstigten das Entstehen von Leben auf der Erde - und er stabilisiert es bis heute. Doch er entfernt sich: mit 3,8 Zentimetern pro Jahr jedoch in extremer Zeitlupe
Von Wolfgang Wiedlich
Das Gefühl, bei Vollmond besonders schlecht zu schlafen, ist nicht aus der Welt zu kriegen. Zahlreiche Studien haben zwar das Gegenteil bewiesen, aber bei jedem dritten Bundesbürger bleibt das Gefühl, zumindest "mondfühlig" zu sein, weshalb sich längst Psychologen mit dem Mondglauben beschäftigen - ein unerschöpfliches Thema zwischen Menstruationszyklen und Autounfällen, mit dem der moderne Mensch nur die unzähligen Mondmythen seiner Vorfahren fortsetzt. Doch inzwischen regiert die Wissenschaft, und ihre Monderkenntnisse müssten uns eigentlich in großes Staunen versetzen. Denn nüchtern betrachtet gäbe es ohne Mond sehr wahrscheinlich den Menschen nicht.
Als ein heranrasender, gewaltiger Brocken, etwa so groß wie der Mars, rund 50 Millionen Jahre nach der Geburt unseres Sonnensystems die Erde trifft, jagt der gewaltige Aufprall Gase und flüssiges Material in den Weltraum, das sich bald und nur 20.000 Kilometer über der irdischen Außenhaut zum Mond verfestigt. Als wäre die Kette der kosmischen Zufälle, um auf der Erde Leben zu gebären, nicht schon lang genug, ist auch der Aufprallwinkel des interstellaren Geschosses lebensfreundlich. Sonst wäre wahrscheinlich gar kein Mond entstanden oder einer von so mickriger Größe, dass er mangels ausreichender Gravitation unseren werdenden Planeten nicht sonderlich beeinflusst hätte. Spektakuläre NASA-Experimente haben zwar 2009 endgültig Wasser auf dem Mond nachgewiesen, aber das riesige mediale Hallo dazu steht in krassem Missverhältnis zur eigentlichen Bedeutung des Mondes als Wiege einer belebten Erde.
Es war der französische Astronom Jaques Laskar, der 1993 über eine Computersimulation erstmals erkannte, wie lebensfeindlich eine mondlose Erde - trotz lebensfreundlichem Abstand von der Sonne - wäre. Allein die Kraft der Mondanziehung: Sie bremst über die Gezeiten die Erdrotation. Zwar mag ein 10- statt 24-stündiger Erdtag noch vorstellbar sein - aber eine extrem taumelnde, nicht vom Mond stabilisierte Erdachse wäre die Hölle: Eis und Schnee in den Tropen, Hitze an den Polen, und in Mitteleuropa würde die Sonne monatelang im Sommer nicht untergehen und im Winter nicht aufgehen. Folge: Europa würde zwischen Grill (55 Grad Celsius) und Tieffrostfach (minus 50 Grad) wechseln. Mikroben halten das aus, Menschen nicht.
überhaupt die Gezeiten: Forscher glauben, dass ohne sie das Leben es schwerer gehabt hätte zu entstehen. Das sanfte Hin- und Herschaukeln des Wassers an den Küsten begünstigte die Aufnahme und den Austausch mineralischer Nährstoffe und, so die Theorie, auch das Entstehen erster komplexer Biomoleküle. Heute notiert der Mensch Artenreichtum vor allem an Küsten mit intensivem Wechselspiel von Ebbe und Flut. Die Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte spiegeln insgesamt, dass der Mensch die Bedeutung eines großen Mondes für lebensfreundliche Bedingungen auf der Erde lange ziemlich unterschätzt hat.
Langfristig und in zeitlichen Dimensionen, die für den Menschen vermutlich irrelevant sind, wird sich unser Trabant jedoch verabschieden - und damit auch seine lebensfreundlichen Wirkungen. Ein Abschied in Miniraten: Pro Jahr entfernt der Mond sich um 3,8 Zentimeter von der Erde und verlängert den Planetentag um 20 Mikrosekunden. Den großen Trend kannte man schon aus der Kalkbildung versteinerter Meerestiere, aber seit 1995 haben Wissen-schaftler es exakt mit Laser-Distanzmessungen auch nachgewiesen. In 1000 Jahren macht das 38 Meter, in einer Million Jahren 38 Kilomter. Forscher schätzen, dass erst in einer Milliarde Jahren die Anziehungskräfte von Jupiter, Saturn und Sonne die Oberhand über die Erde gewinnen und ihre Achse dann wild hin- und herschwanken wird. Für diesen extrem fernen Zeitpunkt prophezeien Astrophysiker aber ohnehin große Ungemütlichkeit auf Erden. Die zunehmende Sonnenleuchtkraft hat dann längst alles Leben ausgelöscht.
Quelle: GeneraL-Anzeiger Bonn vom 5./6. Februar 2011