Plötzlich in aller Munde: Das Rätselhafte Verschwinden von Honigbienen

"Ohne Bienen geht den US-Bürgern das Essen aus" titelt der General-Anzeiger vom 12./13. Mai 2007. Ähnlich lautende Artikel finden sich in vielen Tageszeitungen und Online-Medien, meist mit Datum vom 11. Mai 2007, die meisten schöpfen offenbar aus der gleichen Quelle.
Unter http://www.faz.net/s/RubCD175863466D41BB9A6A93D460B81174/
Doc~E75FA61749EF548F7AD50E02DF8E98023~ATpl~Ecommon
~Scontent.html findet sich die Online-Version eines FAZ-Artikels (F.A.Z., 17.04.2007, Nr. 89 / Seite 9) zu diesem Thema.

Ausnahmsweise möchte ich die Artikel hier nicht ausführlich zitieren, sondern auf die beiden Beiträge bei www.hymenoptera.de und bei Wikipedia verweisen.
Bei Wikipedia findet sich auch ein Link zum vorläufigen Bericht der CCD Working Group. Dort finden sich ausführliche Befunde. Und die mögliche Lösung. Allerdings scheinen die wenigsten Artikelschreiber den Bericht gelesen zu haben.

Wir halten fest:
  1. Alle Vorfälle betrafen "Wanderimker", die ihre Bienenstöcke per Lastwagen zwecks gezielter Bestäubung bestimmter Agrar-Pflanzen mindestens zweimal im Jahr um mehrere Tausend Kilometer verfrachten.
  2. Bei allen erfolgte die Stockvermehrung durch Teilung der Völker.
  3. Dieses Phänomen tritt erst seit wenigen Jahren auf.
  4. Die verbliebene Brut weist nur geringe Infektionen auf.
  5. Die Bienenstöcke, die von einem Großteil der Arbeiterinnen verlassen wurde, werden erst nach längerer Zeit von anderen Bienen übernommen.
Unter vielen anderen Befunden wird dort folgendes berichtet:
"Recent research tested crops where seed was treated with imidacloprid. The chemical was present, by systemic uptake, in corn, sunflowers and rape pollen in levels high enough to pose a threat to honey bees. Additional research has fond that imidacloprid impairs the memory and brain metabolism of bees, particularly the area of the brain that is used for making new memories.

Implication: If bees are eating fresh or stored pollen contaminated with these chemicals at low levels, they may not cause mortality but may impact the bee"s ability to learn or make memories. If this is the case, young bees leaving the hive to make orientation flights may not be able to learn the location of the hive and may not be returning causing the colonies to dwindle and eventually die. It is also possible that this is not the sole cause of the dwindling but one of several contributing factors. "
Auf gut Deutsch: Das Saatgutbehandlungsmittel Imidacloprid wird vom Korn bzw. der Pflanze aufgenommen und auf die Pflanzenzellen verteilt bzw. weitergegeben. So ist diese Chemikalie in Mais-, Sonnenblumen- und Rapspollen in einer Konzentration vorhanden, die hoch genug ist, um Auswirkungen auf die Honigbiene zu haben. Weiter Forschungen fanden heraus, dass Imidacloprid das Gedächtnis und den Gehirnstoffwechsel der Bienen beeinflusst, insbesondere die Bereiche des Gehirns, die für das Lernen zuständig sind.

Wenn Bienen kontaminierten Pollen in geringer Menge fressen, wird er nicht unmittelbar lethal sein, aber die Lernfähigkeit der Bienen beeinflussen. Hier wird geschlossen, dass junge Bienen nach dem Orientierungsflug nicht zurückfinden.

Mir drängt sich noch ein etwas anderes Szenario auf: Die Sammelbienen haben am einen Standort das Heimfinden gelernt. Dann haben Sie im Laufe des Sammelns kontaminierten Pollen aufgenommen. Dann werden Sie verfrachtet. Weil sie nicht in der Lage sind, neue Wege zu lernen, den Standort, wo der Stock vorher stand, aber noch kennen, versuchen die Sammelbienen zum alten Standort zurück zu fliegen. Da sich die Bienen am Polarisierten Himmelslicht orientieren, sind sie in der Lage auch bei Verbringung über große Entfernungen zu ihrem Stock zurückzufinden.
    Das erklärt auch, warum in den Stöcken immer nur die Sammelbienen fehlten, während die Jungbienen und Larven keinen einheitlichen Befund oder teilweise sogar gar keine Krankheiten aufwiesen.
    Ebenso erklärt es das von dem Autor des FAZ-Artikels beobachtete Phänomen, dass ihm die Bienen in ganzen Schwärmen auf der Windschutzscheibe landeten. Die waren auf dem Weg zurück (man denke an die langen geraden Straßen in Amerika!).
Auch das stark verzögerte Ãœbernehmen verlassener Stöcke ließe sich damit hinreichend erklären: Wenn die Kundschafterbienen von dem kontaminierten Honig fressen und nicht in der Lage sind, zum eigenen Stock oder nachher vom eigenen Stock zum erkundeten Stock zurückzufinden, wird eine Ãœbernahme länger dauern.

Die beobachteten weiteren Symptome könnten weitere Auswirkungen der gleichen oder weiterer Chemikalien sein.

Ãœbrigens handelt es sich bei Imidacloprid um ein recht neues Mittel,das erst seit wenigen Jahren eingesetzt wird! Dass es auch als bienengiftig eingestuft wird, findet sich im gleichen Artikel:
"The neonicotinioids, for example imidacloprid, are a rather new class of pesticides. There have been new chemicals of this sort introduced over the past few years (clothianiden and thiamethoxam). There is conflicting information about their effect on honey bees, however the EPA identifies these chemicals as highly toxic to honey bees. "Clothianiden is highly toxic to honey bees on an acute basis (LD50>0.0439 mg/bee). It has the potential for toxic chronic exposure to honey bees, as well as other non-target pollinators through the translocation of clothianidine residues in nectar and pollen. In honey bees, the effects of this toxic chronic exposure may include lethal and/or sub-lethal effect in the larvae and reproductive effects on the queen". [EPA Fact Sheet on Clothianiden]. Some researchers have not found this effect but most were looking for mortality and not chronic or behavioral effect. In addition, a study in NC found that some of these neonictinoids in combination with certain fungicides, synergized to increase the toxicity of the neonicotinoid over 1,000 fold in lab studies. Both the neonicotinoids and the fungicides (Terraguard and Procure) are used widely. "
Damit sind auch anderslautende "Gutachten", die diesen Chemikalien "keine tödlichen Folgen für die Bienen" bescheinigen, als Augenwischerei bloßgestellt.

Sehr bezeichnend finde ich auch Formulierungen auf Internet-Seiten wie www.biosicherheit.de (gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung!), die zum Thema Bt-Mais folgendes sagen:
"Der National Research Council weist zwar darauf hin, dass bei einzelnen Studien auch negative Effekte durch Bt-Pollen gefunden wurden, diese seien jedoch in allen Fällen sublethal, also ohne tödliche Folgen für die Bienen. "
Die Lüge liegt in der Gleichsetzung von "sublethal" mit "ohne tödliche Folgen". Wenn wir im englischen Wörterbuch nachsehen, so steht da als Bedeutung: "having an effect less than lethal"
Das heißt auf Deutsch: Es hat eine Auswirkung, führt aber nicht sofort zum Tod. Ãœber einen längeren Zeitraum kann die Substanz sehr wohl tödlich sein! In jedem Fall hat die Substanz gravierende Folgen!
Auch hier wird über irreführende Formulierungen versucht, den Verbraucher zu täuschen.

Am 13.05.2007 von Diethelm Schneider verfasst.