Gentechnik - Heilsversprechen oder Risiko?

Angeregt durch den Artikel "Seehofer-Behörde setzt voll auf Täterschutz - Alte Kulturpflanzensorten sollen wegen Gen-Weizen umziehen" des NABU ( http://www.nabu.de/m06/m06_11/06329.html ) wollen wir uns heute mal das Thema Gentechnik vornehmen.

Zur Einführung sei hier ein Artikel aus 3sat-online zitiert
(http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/bstuecke
/65637/index.html ), der zwar nicht mehr neu ist, aber ganz gut die unterschiedlichen Positionen der Befürworter und Gegner beschreibt:

Grüne Gentechnik - pro und contra

Studien widersprechen sich

In Deutschland verstehen viele Wissenschaftler jedoch nicht, warum eine solche Aufregung um die Grüne Gentechnik herrscht. Dass Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Organismen gesundheitsschädigend seien, habe bislang keine Untersuchung bestätigt, so die Bundesforschungsanstalt für Ernährung in Karlsruhe. Bestätigt sehen sich Skeptiker durch Versuche der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig.

Dort wies man nach, dass mit der Nahrung aufgenommene DNA beim Verdauen tatsächlich ins Blut von Säugetieren gelangt. Demzufolge nimmt der Mensch beim Essen täglich ein bis drei Gramm Erbgut auf. Die Gentechnik-Befürworter behaupten, sie können Pflanzen mit nützlichen Eigenschaften züchten, die mit weniger Wasser auskommen oder in bislang für sie lebensfeindlichen Gegenden wachsen können. Damit wäre das Hungerproblem in der Welt gelöst.

Das sei bislang bloßer Wunsch, entgegnen die Kritiker, etwa vom Ökoinstitut Freiburg. Wer die Menschen in der Dritten Welt satt machen wolle, der müsse dafür sorgen, dass das Land dort gerechter verteilt werde. Es wäre sogar schlimm, wenn die Bauern in den Hungergebieten künftig auch noch von wenigen Gentech-Saatgutproduzenten abhängig seien, die die Preise diktierten.

Wenn Kartoffeln mehr Stärke produzieren, könnten sie zur Papierherstellung verwendet werden. Bakterien in Nährlösung dienen als Genfähren, die neue Information in die Zellkerne schleusen. Bei Getreide werden DNA-Abschnitte mit der Information "Schädlingsresistenz" an winzige Goldkügelchen gehängt und in die Zellkerne geschossen. So machte man den Bt11-Mais gegen seinen größten Feind, den Maiszünsler, immun. Die Gentechniker der großen Saatguthersteller behaupten, sie hätten die Genmanipulationen gut im Griff.

In Amerika machen US-Unternehmen wie Monsanto mit ihren neuen Sorten das Geschäft. Dort versteht man die zögerliche Haltung in Europa nicht. Was genau in der Zelle durch die eingebrachte Erbinformation geschieht, entzieht sich noch unseren Kenntnissen.
So wurden beispielsweise in Deutschlands erstem Genversuch 1989 normalerweise weiß blühenden Petunien auf Lachsrot umprogrammiert. Doch im Hochsommer, bei stärkerer Sonneneinstrahlung, wurden die Blüten wieder weiß. Die Kritiker verweisen auf den Starling-Mais in den USA, der nur als Futtermittel zugelassen war, weil ihm allergenes Potenzial beim Menschen zugeschrieben wurde.
Doch trotz aller Kontrollen tauchte er in amerikanischen Lebensmitteln auf. Die Ausbreitung von gentechnisch behandelten Saaten und Pflanzen sei schlicht nicht zu Ã¼berwachen und für Aussagen über die gesundheitlichen Folgen fehlten schlicht Langzeitstudien.

Das lehnen vor allem die Bioverbände ab. Sie fordern die absolute Wahlfreiheit für den Verbraucher. Der von der EU vorgeschriebene Grenzwert liegt bei 0,9 Prozent gentechnisch veränderter Organismen in Lebensmitteln, darunter ist keine Kennzeichnung nötig. Gentechnische Bestandteile könne man heute bis auf 0,01 Prozent nachweisen. Das müsse der Richtwert sein, so die Bioverbände.

Europa blickt skeptisch auf den größten globalen Freilandversuch und stellt sich die Frage, ob es den gentechnischen Fortschritt verpasst oder eher seine Bürger vor unabsehbaren Risiken schützt.
Wir fassen zusammen:
Die Gentechnik-Befürworter versprechen uns die Lösung vieler Probleme (Hunger der Welt, Gesundheit, Medizin, neue technische Entwicklungen). Gesundheitliche Risiken durch genveränderte Nahrungsmittel seien nicht nachgewiesen und damit auch nicht zu befürchten.

Wir wollen das Thema von einer ganz anderen Seite beleuchten: Wie steht der jeweilige Organismus (genverändert und nicht genverändert) in Wechselwirkung mit seiner Umwelt?
(Wie Sie wissen werden ist uns dieses Thema wichtig. Auf der anderen Seite wird es selten berücksichtigt.)

Nehmen wir uns als erstes die Mikroorganismen (Einzeller, Bakterien, Viren) vor. Im Bioreaktor gehalten und so eingeschränkt, dass sie sich nur im zugeführten Nährmedium vermehren können, haben sie keinerlei Wechselwirkung mit anderen Organismen. Der Einsatz von genveränderten Bakterien in Bioreaktoren, d.h. in einem geschlossenen Kreislauf, z.B. zur Herstellung von Insulin, ist daher jederzeit kontrollierbar und damit auch beherrschbar. Ãœberschüssige Bakterien können problemlos vernichtet werden.

Bei Organismen, die freigesetzt werden, sieht die Lage aber schon ganz anders aus. Denn ob ein freigesetzter Organismus "gefährlich" für andere Organismen ist, ist keine "Eigenschaft" des einzelnen Organismus, sondern eine Frage, wie die Wechselwirkungen des Organismus mit seiner Umgebung sind. (vgl. dazu auch den Beitrag 'Erhaltung der Art')

Als Modell für Freisetzungsversuche nehmen wir die Verbringung eines harmlosen, nicht genveränderten Organismus in eine neue Umwelt. Nehmen wir z.B. den Blutweiderich (Lythrum salicariae), eine schöne, aber wenig auffällige Pflanze, die bei uns gelegentlich in feuchten Gräben vorkommt. Bei uns ist diese Pflanze auf bestimmte Biotope beschränkt und auch nicht übermäßig konkurrenzstark. Also ist sie harmlos. Oder?
In Nordamerika wurde Sie als Zierpflanze angebaut. Und hier wurde sie plötzlich zum Unkraut, zur Invasiven Spezies, also zu einer Pflanze, die andere Arten verdrängt. In Feuchtgebieten in Nordamerika stellt sie daher ein echtes Problem dar!

Ist die Pflanze in Nordamerika plötzlich böse geworden? Natürlich nicht! Sondern in Nordamerika fehlen die Fressfeinde (vor allem Insekten), die in Mitteleuropa für ein geregeltes Gleichgewicht sorgen.

Was lernen wir daraus? Ob ein Organismus für andere Arten eine Bedrohung darstellt, hängt davon ab, ob es eingespielte Regulationsmechanismen (Pflanze - Fressfeinde, Räuber - Beute) gibt. Eingespielte Regulationsmechanismen gibt es aber nur da, wo Pflanze und Fressfeinde oder Räuber und Beute eine gemeinsame Entwicklung durchgemacht haben.
Sowohl für normale (gentechnik-freie) "harmlose" Arten, die in Gegenden außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes verbracht werden als auch für genveränderte Organismen gilt das nicht! Hier gab es keine gemeinsame Entwicklung!

Die Beispiele für Probleme durch Faunen- bzw. Florenverfälschung sind Legion, Stichwort Neobiota und Invasive Spezies. Da genveränderte Organismen neue Eigenschaften besitzen, auf die sich mögliche Gegenspieler nicht einstellen konnten, können wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass wir ähnliche Phänomene beobachten werden wie bei den Invasiven Arten.

Das Problem dabei ist, dass diese Prozesse unumkehrbar sind!!!
Haben sich Invasive Arten erst einmal in einem Raum etabliert, so ist es fast unmöglich, sie wieder auszurotten bzw. in den Griff zu bekommen!
Das wiederum bedeutet, dass wir das nur verhindern können, wenn die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen (ebenso wie das Ausbringen gebietsfremder Arten) in die Umwelt von vornherein verhindert wird. Ein nachträgliches Zurücknehmen wird es nicht geben!!!!!!!!!!!!

Lizenzrechtliche Probleme wie die Tatsache, dass die Ãœbertragung patentierter Gene denjenigen, auf dessen Pflanzen diese Gene (z.B. durch Wind) übertragen wurden, nach amerikanischem Recht dazu verpflichtet Lizenzgebühren zu zahlen, stellen dann nur noch einen Nebenaspekt dar, der freilich auch ein Motiv aufzeigt, warum Pharmako-Agrochemie-Firmen die Kontrolle durch den Verbraucher verhindern wollen.

 Wenn Sie aktiv werden wollen, dann empfehle ich Ihnen folgenden Link:
 Globaler Protestaufruf auf: www.no-patents-on-seeds.org

Am 24.03.2007 von Diethelm Schneider verfasst.