Brüssel, 3. 12. 2013 Die EU-Kommission hat die Cheflobbyistin von FoodDrinkEurope, des größten EU-Dachverbands der Lebensmittelindustrie, als Kandidatin für den Verwaltungsrat der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA nominiert. Beate Kettlitz arbeitet in führender Position bei der Lobbyorganisation, die alle großen Lebensmittel- und Getränkehersteller in der EU vertritt. Es ist bereits das zweite Mal, dass die EU-Kommission versucht, eine führende Repräsentantin von FoodDrinkEurope als Mitglied des Verwaltungsrats der EFSA zu installieren. Bereits vor einem Jahr hatte die Kommission Mella Frewen (eine frühere Mitarbeiterin von Monsanto)[1] nominiert, die für denselben Verband tätig ist. Deren Ernennung wurde durch die Mitgliedsländer der EU und das Europäische Parlament gestoppt.
Die EFSA ist verantwortlich für die Risikobewertung von gentechnisch veränderten Pflanzen, Pestiziden, Nahrungsmittelzusätzen und für alle Bereiche der Sicherheit von Lebens- und Futtermitteln in der EU. Der Verwaltungsrat der EFSA kontrolliert die Arbeit der Behörde und auch ihre Unabhängigkeit.2Interessenkonflikte sind nach wie vor ein großes Problem für die Behörde, wie aktuelle Berichte zeigen.3
„Die Tatsache, dass die EU-Kommission erneut eine Lobbyistin aus der Lebensmittelindustrie für den Verwaltungsrat der EFSA vorschlägt, ist ein alarmierendes Signal für alle, die sich für den Schutz der Verbraucher einsetzen. Wer die Interessen der Lebensmittelindustrie repräsentiert, kann nicht gleichzeitig die Unabhängigkeit der EFSA kontrollieren“, sagt Martin Pigeon, Experte bei Corporate Europe Observatory (CEO).
Sieben Sitze des Verwaltungsrats der EFSA werden im Juni 2014 neu besetzt. Die Europäische Kommission hat dazu eine Liste mit 23 Namen veröffentlicht. Die meisten der Experten gehören nationalen Behörden an oder kommen aus dem Bereich Forschung und Universitäten.4 Mehrere dieser Personen repäsentieren wirtschaftliche Interessen, die zu Interessenkonflikten führen können:
Die Rechtfertigung der EU Kommission für diese Nominierung ist eine industriefreundliche Interpretation der EU Regulierung 178/20029, die die Grundlage für die Arbeit der Behörde ist. Darin heißt es, „vier der Mitglieder [des Verwaltungsrates] kommen aus dem Kreis der Organisationen, die die Verbraucherschaft und andere Interessen in der Lebensmittelkette vertreten.“ Doch steht nirgendwo, dass es sich dabei um Vertreter der Industrie handeln soll. Im Gegenteil: Die Richtlinien der EFSA zur Wahrung ihrer Unabhängigkeit sehen vor, dass niemand, der für die Industrie arbeitet, auch für die Behörde tätig sein soll.10
Kontakte:
Corporate Europe Observatory: Martin Pigeon, tel +3228930930, martin@corporateeurope.org
Testbiotech: Christoph Then, Tel. 0151/54638040, info@testbiotech.org
1http://www.testbiotech.org/node/660
2http://www.efsa.europa.eu/en/efsawho/mb.htm
3Unhappy meal. The European Food Safety Authority's independence problem, Stéphane Horel & Corporate Europe Observatory, 23 October 2013, http://corporateeurope.org/efsa/2013/10/unhappy-meal-european-food-safety-authoritys-independence-problem
4 http://ec.europa.eu/food/efsa/list_candidates_2013_en.htm
5 http://corporateeurope.org/sites/default/files/2011-02-23_mb_report.pdf
6 www.eufic.org/page/en/page/ONEUFIC/
7 www.eufic.org/article/en/page/ONEUFIC/rid/eufic-scientific-advisory-board/
8 http://corporateeurope.org/sites/default/files/ilsi-article-final.pdf
9http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:2002R0178:20090807:EN:HTML
10http://www.efsa.europa.eu/en/keydocs/docs/independencerules.pdf
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