Demokratie und technischer Fortschritt - Probleme beim eVoting

Die Ära Bush ist nun vorbei, doch Wahlen gibt es nach wie vor. Daher bleibt auch das Thema 'elektronische Wahlverfahren' spannend.
Im Vorfeld der Wahlen in den USA im November 2004 ("Wiederwahl" von Bush) erschien folgender Artikel in der Computerzeitschrift c't:

E-Voting - Spiel mit dem Feuer

Der Text erschien in der Ausgabe 23/2004 am 1.11.2004. Am 2.11.2004 fanden die Wahlen statt.

Auf diese Stellen möchte ich Ihr Augenmerk besonders lenken:

"Für die knappe Hand voll von Herstellern, die hauptsächlich zum Zuge kommen, bedeutete der "Help America Vote Act" einen warmen Geldregen - Schätzungen zufolge kontrollieren die Computer von Diebold, Election Systems & Software (ES&S), Sequoia Voting Systems und Hart InterCivic etwa 80 Prozent der Stimmauszählung. Diese Firmen verfügen über beste Verbindungen ins politische Establishment. Einer der führenden Investoren von Hart InterCivic, Tom Hicks, ist bekanntermaßen der Familie Bush finanziell eng verbunden. Der CEO von Diebold Election Systems, Walden O'Dell, bekannte im August 2003 in einem Einladungsschreiben zu einem Spenden-Dinner für die Republikaner, er wolle dabei mithelfen, "dass Ohio seine Stimmen nächstes Jahr beim Präsidenten abliefert". Und bei den letzten beiden Wahlen, aus denen der republikanische Senator Chuck Hagel aus Nebraska siegreich hervorging, registrierten 80 Prozent der Wählerstimmen Maschinen der in Nebraska beheimateten Firma ES&S, deren früherer Anteilseigner und CEO Hagel war - ein Umstand, den er bei Amtsantritt dem Kongress gegenüber verschwieg."

Erinnern Sie sich noch, in welchem Bundesstaat die Wahlen 2004 entschieden wurden? Genau! In Ohio!

Ein weitere sehr aufschlussreicher Abschnitt findet sich unter dem Titel 'Vertrauen'. Dort steht:
"Aber dieser Ansatz [Stichproben] überzeugt nicht jeden. Denn derartige Stichproben sind naturgemäß nur in geringem Umfang durchführbar, und wie eine Studiengruppe an der Yale University zeigte, können schon Manipulationen, die nur einen winzigen Bruchteil der Wählerstimmen verfälschen, zu einem völlig anderen Ergebnis führen. Wenn die Wahl des Jahres 2000 zu 90 Prozent an elektronischen Urnen durchgeführt worden wäre, so ihre Analyse, dann hätte pro Wahlmaschine bereits ein einziges zu Gunsten von Gore manipuliertes Votum ausgereicht, um in Florida und New Mexico den Demokraten klar siegen zu lassen. Bei zwei Fälschungen pro Maschine wären auch die Staaten Wisconsin und Iowa gekippt.
Besonders in einem Kopf-an-Kopf-Rennen brauche ein Saboteur nur Codeänderungen mit kaum wahrnehmbaren Auswirkungen in die Software einzuschleusen, um das Ergebnis in die gewünschte Richtung zu lenken. Die Schlussfolgerung des Yale-Team: "Obwohl solche geringfügigen Manipulationen das Wahlergebnis wesentlich verändern, sind sie jeweils klein genug, um gänzlich unentdeckt zu bleiben und im inhärenten "Rauschen" des Wahlvorgangs und der Wahlprüfung unterzugehen."

Hier noch einmal der Hinweis, dass dieser Artikel VOR der "Wiederwahl" veröffentlicht wurde.
Alles klar?

Am 18.12.2009 von Diethelm Schneider verfasst.