Wildblumen statt Mais - ein Lichtblick für die Bienen

Zwar noch kein Ökolandbau, aber immerhin deutlich nachhaltiger als der industrielle Anbau von Energie-Mais wäre der hier vorgeschlagene Anbau von Wildblumen zur Produktion von Biomasse für Biogasanlagen.

  • 04.05.2012 TAZ.DIE TAGESZEITUNG

Versuche zur Biogas-Produktion

Vermaisung könnte ein Ende haben

Biogas  aus Wildpflanzen ist wirtschaftlich genauso attraktiv wie Biogas aus  Mais. Der Einsatz von naturnahen Kulturen hätte auch ökologische  Vorteile.   von Bernward Janzing

     

Mais, überall immer nur Mais. Dabei gibt es Alternativen.  Bild:  dpa

FREIBURG taz | Biogasanlage und Maisfeld  gehören heute meistens zusammen. Doch es geht auch anders, die  "Vermaisung" der Landschaft könnte bald ein Ende haben: In aktuellen  Versuchen in verschiedenen Teilen Deutschlands erweist sich eine  Ã¶kologisch wertvolle Wildpflanzenmischung als durchaus attraktive  Alternative - denn deren Energie ist am Ende nicht teurer als jene aus  Maispflanzen.  

Bereits im Jahr 2009 hatte die Bayerische  Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim erste  Versuchsflächen eingerichtet, auf denen eine Saatgutmischung aus 25  verschiedenen Pflanzenarten ausgebracht wurde. Im Jahr darauf ging es  dann los: 25 Hektar in fünf verschiedenen Bundesländern wurden mit  Wildblumen bestellt, im Jahr 2011 folgten weitere 200 Hektar in zwölf  Bundesländern. 

Fünf Jahre sollen die Pflanzen auf den Æ’ckern  jeweils wachsen: Im ersten Jahr dominieren Sonnenblume und Malve, später  wachsen unter anderem Klee, Buchweizen, Wilde Möhre und Lichtnelke.  

Die Erfahrungen: Die Flächen lassen sich  mit herkömmlicher Landtechnik bewirtschaften, und die Erträge der  Blumenwiese erreichen 50 bis 70 Prozent des Referenzertrags eines  Maisfeldes. Trotz des geringeren Ertrags sei die Blumenwiese dem Mais  wirtschaftlich mindestens ebenbürtig, sagt Jochen Goedecke von der  Modellprojekt Konstanz GmbH, die eines der Wildpflanzenprojekte in der  Bodenseeregion betreut.   

Ökologische Vorteile

Denn der  geringeren Ausbeute pro Hektar stehen beträchtliche Einsparungen  gegenüber: Zum einen werden die Pflanzen nur einmal ausgesät, ehe fünf  Jahre lang geerntet wird - das spart Saatgut und Maschinenzeiten. Zum  anderen entfallen die Kosten für Dünge- und Spritzmittel, weil die  Wildpflanzen ohne Agrochemie auskommen.  

Auch aus ökologischer Sicht hat die bunte  Blumenmischung Vorteile: Sie fördert die Artenvielfalt, indem sie einen  Rückzugsraum für Wildtiere schafft sowie Nahrung für Bienen und Hummeln  liefert. Begleituntersuchungen durch das Institut für  Landschaftsökologie und Naturschutz in Singen zeigen eine hohe  Attraktivität der Wiesen für Tiere. Der Verzicht auf Chemie schützt  ferner Boden und Grundwasser, der reduzierte Maschineneinsatz auf dem  Feld mindert die Bodenverdichtung, die Bodenbedeckung auch im Herbst  bietet Schutz vor Erosion.  

Unempfindliche Wildpflanzen

 Darüber hinaus sind die naturnahen Kulturen unempfindlicher als der  Mais. In Stockach am Bodensee habe ein Hagelschlag im vergangenen Juli  beim Mais an manchen Stellen zu einem Totalausfall geführt, heißt es in  einem ersten Zwischenbericht zum Forschungsprojekt in der  Bodenseeregion. Die Bestände seien "zum Teil auf Kniehöhe zerhackt  worden", die Wildpflanzen hingegen hätten sich vollständig regeneriert.   

Damit könnten die Wildblumen der Biogasbranche  den erhofften Imagewandel bringen. Schließlich hat das Renommee der  Energie vom Acker in den letzten Jahren durch zahlreiche  Maismonokulturen empfindlich gelitten. "Energiepflanzen müssen Akzeptanz  finden", sagt Stefan Rauh vom Fachverband Biogas. Das dürfte keine  Kultur besser schaffen als eine bunte Blumenwiese.

Für eine Ökologisierung der Landwirtschaft wäre das schon ein großer Fortschritt. Endlich hätten unsere Nützlinge (das sind alle Blütenbesucher, also neben Bienen mit ihren 550 heimischen Arten Grabwespen, Lehmwespen, Schlupfwespen (über 10.000 Arten bei uns!), Goldwespen, Raupenfliegen und anderen) wieder eine Chance in unserer ausgeräumten Landwirtschaft.
Um negative Auswirkungen zu vermeiden, sollten die Wildblumenfelder zeitversetzt beerntet werden, so dass immer ein ausreichendes Blütenangebot zur Verfügung steht.

Voraussichtlich werden die Agrochemie-Firmen versuchen, dagegen Stimmung zu machen, weil für Wildblumenfelder keine Spritz- und Düngemittel benötigt werden, was ihre Absatzmöglichkeiten schmälert.
Bauern, die auch über den Weg der Wildblumenfelder ihre Abhängigkeit von der Agrochemie verringern wollen, sollten wir daher unterstützen.


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Am 05.05.2012 von Diethelm Schneider verfasst.